„Alles könnte anders sein“

Harald Welzer: Alles könnte anders sein – Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen

Der Autor Welzer konstruiert in diesem ermutigenden und positiven Buch eine utopische Zukunft, die machbar ist: Alles könnte anders sein, wenn man an die Stelle der vermeintlichen Alternativlosigkeit die Phantasie setzt, eine Vorstellung von einer möglichen Zukunft entwickelt und damit anfängt, etwas zu ändern: „Man kann gleich mit der Zukunft anfangen, ohne auf die vorher notwendige Revolution warten zu müssen“ (S. 242) .

Schon zuvor zeigte der Soziologe und Zukunftsarchitekt mit seiner Stiftung FUTURZWEI Geschichten des Gelingens auf (https://futurzwei.org/). Noch nie gab es mehr Gruppen, Initiativen, Genossenschaften, Kollektive, die sich anderen Wirtschafts- und Lebensstilen verschrieben haben. Auch der Verein Trafos kann mit „Nachhaltig-im-Innviertel“ eine solche Ideen- und Umsetzungsschmiede sein.

Harald Welzer kauft den „Lamentierökos“ und Untergangspropheten die Schneid ab. Stattdessen geht er davon aus, dass das was in unserer Gesellschaft und vor allem durch die westliche Welt andernorts mit achtloser und brutaler Ressourcenvergeudung und Ausbeutung kaputtgemacht worden ist, auch wiedergutgemacht werden kann. – Nämlich, weil uns gar nichts anderes übrigbleibt. Bei all den schwierigen Themen, die der Autor aufgreift, liest sich das Buch so positiv und machbar. Diese Haltung ist ansteckend und lädt ein, anders durch die Welt zu gehen. Er entwirft ein realistisches Zukunftsbild für eine „Gesellschaft für freie Menschen“. Hier einige Aspekte davon:

  • Diese ist universalistisch und lebt deshalb nicht über die Verhältnisse von anderen. Ihre Mitglieder haben sich aus den Suchtstrukturen des Hyperkonsums befreit und brauchen Konsum zur Kompensation für schlechte Arbeit nicht mehr.
  • Denn die schlechte Arbeit wird abgeschafft (hier kann die Digitalisierung helfen) oder besser entlohnt, und die Arbeitszeit wird drastisch verkürzt. Der Autor befürwortet auch ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die Menschen haben mehr Zeit, ihre Zukunft als gemeinsames Projekt zu begreifen.
  • Dafür werden „Empathiearbeit“ und ehrenamtliche Arbeit möglich und schafft eine solidarischere, freundlichere Welt.
  • . Die Städte sind Lebensraum für Menschen, nicht für Autos. Die Städte sind daher autofrei, und der öffentliche Verkehr ist kostenlos

Das einzige Hindernis für eine Systemänderung in dieser Größenordnung, bleibt die Neigung Handeln aufzuschieben oder anderen zu überlassen. Diese Zukunftsbilder müssen ins Tun übersetzt werden. Menschen müssen erleben, dass Veränderung machbar ist.

Am Ende seines sehr lesenswerten Buches führt Welzer 11 Merksätze zum neuen Realismus an. Sie sind so schön und erstrebenswert, dass ich sie hier anführen möchte (S. 295):

  1. „Die fetten Jahre sind vorbei“ kann als frohe Botschaft verstanden werden.
  2. Es ist alles schon da, nur falsch zusammengesetzt.
  3. Kleinstmögliche Zustandsveränderung kann jede und jeder.
  4. Heterotopie ist die neue Utopie.
  5. Die menschliche Welt besteht im Zwischenmenschlichen.
  6. Die Welt kann freundlich sein.
  7. Utopien muss man anschauen können.
  8. Heimat ist dort, wo es nicht egal ist, ob es mich gibt.
  9. Zeit kann man ebenso gut auch verschwenden.
  10. Es ist nicht mehr „5 vor 12“.
  11. Morgen Mittag beginnt das Neue.

Ein Kommentar:

  1. Ich bin neulich bei einer Veranstaltung über die 11 Merksätze zum neuen Realismus gestolpert und habe Sie hier wieder gefunden ;O) … Danke

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